Kris Kristofferson live 18. Juni 2017
Bluesgarage Hannover-Isernhagen
„I’m Gonna Live
Forever“
sangen die HIGHWAYMEN … Johnny Cash, Waylon Jennings, Willie Nelson
und -der in diesem illustren Kreise jugendlich(er) wirkende-
Kris Kristofferson.
Nun stand er am Sonntag, dem 18. Juni 2017 live auf der Bühne der Bluesgarage in Isernhagen und gab
ein „intimes Club-Konzert“ – 4 Tage vor seinem 81. Geburtstag
(22. Juni 2017).Solo – allein, nur mit einer alten Gibson-Akustikgitarre, Mundharmonika, 4 Monitoren - einem Ventilator - und einem Textmonitor.
Wer die Bluesgarage so kennt, weiß um die
Abläufe bei Konzerten hier.
Aber an diesem Tag war es schon anders. Früher als sonst angekommen, gab es für mich schon keinen Parkplatz mehr. Leute auf der Straße, der Grillstand versorgte die Hungrigen, ein Getränkewagen
versorgte die Durstigen. Die im Club liegenden Toiletten durften allerdings nicht wie sonst aufgesucht werden … für manche eifrig trinkenden... war das sehr ärgerlich.
Warten auf die Öffnung ( 19:00 Uhr!) bei großer Hitze ist schon ein Test für
die Temperaturen im Inneren. Der Bus mit dem Tour-Tross steckte im Stau, kam aber dann doch. Ein kurzer Soundcheck, leise … Sicherlich wird es heute kein lautes Konzert!
Pünktlich zu 19 Uhr wurde geöffnet, es gab keine Kasse, es war ausverkauft.
Nur draußen vor der Tür versuchten noch einige Leute, überschüssige Karten loszuwerden.
Schnell rein! Auch hier anders … alle „Tische“ etc. waren weggeräumt
worden.
Auf der Bühne das schwarze Sofa aus der linken Ecke, dazu Einrichtungsgegenstände
wie alte Fernseher, Tischchen, ein altes Telefon …
mich erinnerte es eher an die Einrichtung eines Auftritts von „Herbert Knebels Affentheater“
(wer die kennt, versteht, was ich meine. Wer nicht, sollte sich da mal informieren,
sehr lustige Sache!).
Etwas peinlich war die Dekoration schon, besonders der Kleiderständer mit dem Stroh-Cowboyhut und dem Colt … J … aber nun, Geschmack ist nun mal unterschiedlich.
Allerdings dachte ich erst, vielleicht wird das so eine
„Storyteller“-Geschichte, der Künstler erzählt und spielt seine Songs … wäre auch schön gewesen!
Zumal Kris Kristofferson von 1962-1965 in der US Army als Helicopterpilot in Bad Kreuznach stationiert war. Also auch zumindest rudimentär etwas Deutsch hätte
sprechen können. War so aber nicht: kein Erzählen!
Keine Angst, noch ist nichts über die eigentliche Sache, die Musik von mir
geschrieben worden.
Das kommt aber gleich. Die Songs, die wunderbaren Songs, die Kris Kristofferson geschrieben hat, sind sicher allgemein bekannt, hoffentlich nicht nur die „Hits“ wie „Bobby McGee“, „Sunday Morning
Coming Down“, „For The Good Times“ …
Nun, ich fand meinen Standort vorne links, halb
auf der Bühne sitzend, neben den Boxen wieder, einigermaßen bequem im ausverkauften Club,
mit der Hand an „seinem Gitarrenkoffer“ … J ...,
in der „Presse-Ecke“ … wo man mir sagte, daß „die Presse“ keine Freikarten bekommen hatte,
sondern Karten kaufen musste … und sogar der „Rolling Stone“, ein namhaftes Magazin, keine Karte bekommen hatte …
Fotos nur während der ersten 3 Stücke, keine Interviews.
(Und vermutlich auch keine Autogramme… )
Dann aber – endlich- pünktlich das Übliche Anspiel „Jessica“, kurz …
aber keine Ansage von Club-Chef Henry oder so.
Kris Kristofferson kam auf die Bühne. Langsam. Vorsichtig. Suchend.
Findend. Gitarre umhängend, Kabel suchend, findend, einstöpselnd,
die Harp umhängend.
Ehrlich gesagt, ich war schon ziemlich geschockt! Mann! Ist der aber alt
geworden!
Von der Seite gesehen, ganz tief liegende Augen, weiße Haare, sehr faltiges Gesicht,
T-Shirt, Hemd (his „cleanest dirty shirt“ … wie er noch singen würde) und total abgewetzte Cowboyboots … Leder oder Wildleder, war nicht mehr so zu erkennen.
Kein Wort von ihm …
Und dann fing er an zu spielen und sang „Shipwrecked In The Eighties“, mit Harmonica.
Wobei der Textmonitor immer mitlief, übrigens nicht besonders gut von einer Frau hinter einem Paravant gesteuert … ich konnte das sehen, und nicht nur das.
Ich greife mal ein wenig vor bzw. möchte das gern vorher loswerden …
sogar die wenigen Ansagentexte von ihm wie „Hello Isernhagen!“ oder
„This song I wrote for my children“ standen da und auch „no intermission“ …
Zu viel Wissen nimmt Illusionen – aber halt! Wie alt ist Mr.
Kristofferson inzwischen?
Soll ich ihm da was vorwerfen, ich, der sich selbst auch schwer tut immer mit dem Textlernen!?
Und ich bin doch immerhin noch wesentlich jünger … naja, 18 Jahre oder so … immerhin.
Dennoch, ein paar freie Worte von ihm zum Publikum wären schön gewesen.
Er ist nicht Dylan!
Aber nun zu seinen Songs … und darum geht es ja. Die sind natürlich klasse.
Wenn auch hier dargeboten auf einfachste Weise, Fingerpicking, alles in den ersten 3 Bünden, E, A, D, C, G, F, dur, moll, ein paar übliche Septimen …
klar und einfach, reichte aus! Und das ohne die Saiten nach zu stimmen!
Dazu sein Gesang, der doch sehr persönlich geworden ist, manches ähnelte mehr dem Sprechen, nach oben gab es einige starke verstimmte Töne, klar …
sogar er selbst musste dann doch mal lachen.
Aber irgendwie klasse, wie der „alte Haudegen“
da stand, das gesamte Programm durchzog, den jeweiligen Song spielte, kräftig in den heftigen Applaus „Thank You!“ sagte, das nächste Stück spielte …
ohne Pause, ohne mal was zwischendurch zu trinken … (bei der Hitze im Club!)
was die stimmlichen Ausrutscher auch erklären könnte.
Aber mit zunehmender Zeit und dem wirklich ehrlichen und starken Applaus,
dem die ihn liebenden Leute im Publikum ihm entgegenbrachte, ja, er freute sich darüber: „Wow!“ und brachte das auch nonverbal zum Ausdruck.
Zum Schluß sagte er sogar – und ich glaube, das stand nicht auf dem Textmonitor! -
es sei ein tolles Publikum … „great audience“ …
Eine Zugabe gab es und dann immer noch weiter
Riesenapplaus, wie während des gesamten Auftritts. Ein wenig "Summer Of Love" ...
Er hatte sich wirklich tapfer durchgekämpft, und irgendwie die „Essenz“ der Songs rübergebracht, the basics*, ohne "Wenn & Aber" …
sicherlich kein „Belcanto“ (mehr, war er nie !), kein „Saitenzauberer“ …
auch nicht mehr so stark wie auf dem 2013er Live-Solo-Album aus London …
aber irgendwie ehrlich … und noch aufrecht … in diesem Alter: Respekt!!!
Man muss ihn einfach gernhaben.
Und da fällt mir ein "Higwaymen"-Song bzw. eine
Textzeile ein:
"... back to the basics of love ... " die ich hier umwandeln möchte in:
"... back to the *basics of love - to music ... "
Dennoch … ich nun wieder …
bin ich schon sehr wehmütig nach dem Konzert nach Hause
gegangen.
Wieder hatte ich ein „Highwaymen“-Lied im Kopf, das spielte in mir während des
gesamten Konzertes … „This is the Last Cowboy Song“ heißt es und im Refrain kommt dann noch: „…another piece of America is gone“ …
Johnny Cash und Waylon Jennings sind schon gegangen …
und lange wird es nicht mehr dauern, da wird einer der übrigen Highwaymen ihnen folgen … ich hoffe natürlich, noch lange nicht!
Obwohl … die Party dann dort oben im Outlaw-/Country-Himmel wird sicherlich eine große sein … "For The Good Times"! ( "Auf die guten Zeiten!" )
Kris Kristofferson ist noch da, noch auf Tour. Und er wird hier in
Europa noch viele Leute erfreuen. Keep on!
Ob ich ihn noch einmal sehen werde (und „For The Good Times“ mitsingen werde?)
Ich glaube, kaum … vielleicht sollte ich den Song mal selbst aufnehmen für mich…
Ob ich noch einmal soviel Geld ( ~ 100 Euro) für eine Karte ausgeben
würde?
Glaub ich auch nicht … obwohl …
Willie Nelson würde ich schon gerne sehen … warum nicht hier in der Bluesgarage.
Da würde ich auch ein Autogramm bekommen … J
Fazit:
Konzerte wie diese sind immer nicht ganz einfach zu beurteilen.
Ich bin aber sicher, daß sich mir dieses „kleine“ Konzert doch sehr eingeprägt hat
und in der Kategorie „Unvergessen“ verbleiben wird!
Hier war ein Mensch, der tolle eigene Songs schnörkellos und ehrlich, so wie er eben ist, dargeboten hat und den wahren Fans zu Herzen gegangen ist.
Kann man mehr sagen?
Aber ein Autogramm hätte ich doch gern gehabt…
... auf meinem Notenblatt „FOR THE GOOD TIMES“! J
Peter
PS:
Noch (m)ein Tip für die Kris Kristofferson aficionados:
Sein Album "Kris Kristofferson: The Austin Sessions",
erschienen 1999, wiederveröffentlicht 2009 (Atlantic Records)
ist meiner Meinung nach eine wirkliche Perle unter seinen Alben.
Eine wirklich wahre Freude, es zu hören!
Text und Fotos: Peter Froböse / Endemic Productions